Wie fotografiere ich meine Katze – Folge 2
Belichtung und Weißabgleich
In der ersten Folge haben wir uns mit dem Histogramm zur Beurteilung des Tonwertumfanges eines Bildes beschäftigt.
In dieser Folge wollen wir uns der korrekten Belichtung und dem Weißabgleich widmen.
Unter der Motivausleuchtung verstehen wir die Art der Beleuchtung, die auf unser Motiv einwirkt. Diese kann sowohl in der Intensität (helles Sonnenlicht oder unter Gewitterwolken) als auch im Farbton (Tageslicht, Neonlampe, Glühlampe, Kerze) sehr starke Unterschiede aufweisen.
Die unterschiedliche Lichtintensität können wir durch drei Faktoren beeinflussen:
• Mit der eingestellten Blende bestimmen wir, welcher Anteil des vorhandenen Lichtes gleichzeitig auf den Sensor/Film fällt
• Mit der Belichtungszeit legen wir fest, wie lange das Licht wirken kann
• Mit dem ISO-Wert passen wir die Empfindlichkeit des Sensors an bzw. wählen den passenden Film
Belichtung
Die meisten Besitzer auch hochwertiger Digitalkameras verlassen sich bei der Belichtung ganz auf die eingebauten automatischen Belichtungsfunktionen ihrer Kamera. Diese können entweder die Belichtungszeit, oder die Blende, oder auch beides zusammen und den ISO-Wert automatisch einstellen. Der professionelle oder kreative Fotograf wird diese Funktionen allerdings weniger nutzen, denn Belichtungszeit, Blende und ISO-Wert beeinflussen nicht nur die Belichtung, sondern auch zum Beispiel die Schärfentiefe, die Bewegungsunschärfe und das Rauschen.
Hier stellt sich jetzt die Frage, woher die Belichtungsautomatik weiß wie ein Motiv korrekt zu belichten ist. Genau hier liegt auch das Problem! Die Belichtungsautomatik kennt das Motiv nicht und weiß auch nicht was wir mit unserem Foto ausdrücken wollen. Die Automatik geht einfach von einer durchschnittlichen Motivausleuchtung aus und belichtet jedes Bild so, dass die integrale Helligkeit ungefähr 18 % entspricht. Je weiter die tatsächliche Motivausleuchtung von diesen erwarteten 18 % abweicht, umso mehr geht die Stimmung des Bildes verloren. Die weiße Schneelandschaft sieht dann aus, als ob ein grauer Ascheregen niedergegangen wäre und die stimmungsvolle Aufnahme bei Kerzenlicht erhält einen sterilen Klinikcharakter. In diesen Fällen können wir die Mängel der Automatik bestenfalls durch die meist vorhandene manuelle Belichtungskorrektur ausgleichen.
Wie wir am Histogramm des Beispielbildes erkennen können gibt es hier nur Mitteltöne und Lichter. Der mittlere Grauwert ist viel heller als unser 18 % grau. Da wir aber keine konkreten Informationen haben um wie viel Lichtwerte wir die Belichtung korrigieren müssen, um ein optimal belichtetes Bild zu erhalten können wir auch gleich auf die Automatik verzichten und wählen die Belichtung komplett manuell wie die Profis. Die Automatik kann ja für eine erste Annäherung herhalten, die wir dann mit Hilfe des Histogramms beurteilen und in eine manuelle Belichtung umsetzen können.
Würden wir uns bei einem derartigen Motiv auf die Belichtungsautomatik verlassen, dann hätten wir folgendes Ergebnis:
Links sehen wir das aus der Automatik resultierende viel zu dunkle Bild. In der Mitte das gleiche Bild nach Entfernung der Farbanteile durch kompletten Entzug der Farbsättigung und rechts den mittleren Grauwert, erzeugt durch extreme Unschärfe. Hier sehen wir wie zu erwarten war unser 18 %-Grau und nicht wie es zu dem Motiv passen würde einen viel helleren Grauwert. Aber genau das konnte unsere Automatik eben nicht wissen.
helles Motiv wird zu dunkel entfärbt unscharf gezeichnet => 18 %
Belichtungsmessung mit der Graukarte
Die Graukarte kann uns dabei helfen korrekt zu belichten, wenn die Belichtungsautomatik versagt, weil das Motiv stark von dem 18 % Erwartungswert abweicht. Dazu messen wir mit der Belichtungsautomatik (oder einem separaten Belichtungsmesser) in exakt der Belichtungssituation in der wir anschließend unsere Fotos machen wollen die Graukarte formatfüllend und übertragen danach die Werte auf den manuellen Einstellungsmodus. Damit können wir zu Recht erwarten, dass der Schnee auch schneeweiß und die Kohle kohlrabenschwarz bleibt.
Farbton/Farbtemperatur
Wir wissen alle, dass ein weißes Blatt Papier bei unterschiedlichem Licht sehr unterschiedlich wahrgenommen wird:
• Bei Kerzenlicht in einem warmen Gelbton
• Im Licht der Leuchtstoffröhre in der Küche erscheint das Papier dagegen eher kalt und bläulich.
Welcher der folgenden Weißtöne ist wirklich weiß?
Trotzdem ist das Papier immer noch annähernd weiß! Es erscheint uns bei unterschiedlicher Farbtemperatur der Beleuchtung in unterschiedlichen Farbtönen. Aber Achtung! Das Glühlampenlicht (ca. 2800K) das wir als warm bezeichnen hat eine niedrigere Farbtemperatur als die kaltweiße Leuchtstoffröhre (ca. 4000K). Wichtig für uns ist die Information, dass wir uns an die Farbtemperatur der Beleuchtung anpassen müssen. Das geschieht bei analoger Fotografie durch die Auswahl des passenden Filmmaterials (Tageslicht / Kunstlichtfilm) und bei digitaler Fotografie durch den Weißabgleich, der für jede Aufnahme getrennt bei der Aufnahme, bei der RAW-Konvertierung oder nachträglich in der Bildbearbeitung vorgenommen werden kann.
Die Sensoren unserer Digitalkameras zeichnen die drei Farbkanäle Rot, Grün und Blau getrennt auf. Da die Sensoren für unterschiedliche Farben aber unterschiedlich sensibel reagieren, können die Ergebnisse nicht einfach überlagert werden, sondern sie müssen mit unterschiedlicher Gewichtung über komplexe Formeln zusammengerechnet werden. Für die häufigsten Beleuchtungsarten (Tageslicht, Kunstlicht, Leuchtstoffröhre usw. besitzen unsere Kameras fertige Formeln, die festlegen wie die drei Farbkanäle unter Berücksichtigung der Farbtemperatur kombiniert werden sollen (Tageslicht, Kunstlicht, bewölkt, Leuchtstoffröhren, Blitzlicht und so weiter).
Die folgenden Bildreihen wurden mit Halogen-Raumbeleuchtung aufgenommen.
Einstellung: Blitz Tageslicht Kunstlicht Automatik
Auch dafür haben die meisten Kameras eine Automatik (AWB = automatischer Farbabgleich), die sehr gute Ergebnisse liefern kann, wenn unser Motiv ausreichend klare Weiß- oder unifarbene Grautöne verfügt. Wenn dies nicht zutrifft, dann können die Ergebnisse allerdings auch katastrophal ausfallen. Wenn die hellsten Stellen im Bild zum Beispiel ein helles Gelb hätten, dann würde die Automatik eine Korrekturformel ermitteln, die diese in Weiß umwandeln und mit der gleichen Formeln auch aus dem Rest des Bildes die Gelbanteile heraus rechnen. Das Ergebnis wäre ein Bild mit einem extremen Blaustich.
Könnten wir die Farbtemperatur ohne großen Aufwand messen, dann wäre es kein Problem über die Farbtemperaturskala die korrekte Farbtemperatur manuell auszuwählen. Dafür gibt es die Einstellung „K" (Kelvin). Da solche Meßgeräte aber extrem teuer sind, können wir die Werte nur näherungsweise abschätzen. Möglich wäre auch mit einem Schätzwert eine Probeaufnahme zu machen und damit die Einstellung weiter zu verfeinern. Dies kann zu excellenten Ergebnissen führen, wenn wir im Bild zusätzlich eine Graukarte oder besser noch ein Testchart positionieren.
2500K 4000K 6000K 8000K 10000K
Eine weitere Möglichkeit (und das ist für die Profis der Standardfall) ist eine zusätzliche Automatik, die paradoxerweise als manueller Farbabgleich bezeichnet wird. Diese darf nicht mit der manuell eingestellten Farbtemperatur verwechselt werden.
Manueller Farbabgleich
Unsere Kamera kann zwar die Beleuchtungssituation nicht feststellen, aber wenn wir ihr ein Bild liefern, dessen Inhalt sie exakt kennt, dann kann sie exakt die Korrekturformeln errechnen, die unabhängig von der tatsächlichen Beleuchtungssituation unsere Bilder so korrigiert, als wären sie bei einer farbneutralen Beleuchtung aufgenommen worden. Und das gilt dann für alle Bilder, die in exakt der gleichen Beleuchtungssituation aufgenommen werden.
Und damit sind wir beim manuellen Farbabgleich. Am einfachsten gelingt uns der, wenn wir eine unbunte Karte mit einem gleichförmigen Grauwert mit 18 % Schwärzung fotografieren. Wenn wir nun unserer Kamera die Anweisung geben aus diesem Bild die Korrekturfaktoren zu berechnen, die daraus jeglichen Farbstich entfernen können, dann können wir die Ergebnisse als Basis für den „manuellen Weißabgleich" speichern. Danach wählen wir dann die Einstellung "manuellen Weißabgleich anwenden" so lange, wie wir mit den exakt gleichen Beleuchtungsverhältnissen arbeiten, unter denen wir die Graukarte fotografiert haben. Im Prinzip muss unsere Referenzaufnahme lediglich unbunt sein (alle reinen Grautöne zwischen weiß und schwarz) Wenn Sie keine echte Graukarte (im Fotozubehör erhältlich) zur Hand haben, dann können Sie ersatzweise ein rein weißes Blatt Papier verwenden.
Weißabgleichsfilter Referenzbild Ergebnis
Achtung! Vergessen Sie nicht den Weißabgleich wieder auf die Standardeinstellung „Automatik" zu stellen wenn Sie ihre Aufnahmen beendet haben. Sollten Sie das einmal vergessen und später bei anderen Beleuchtungsverhältnissen fotografieren, dann könnten Sie eine kunterbunte Überraschung erleben.
Falls die Farbabstimmung einmal versäumt wurde, dann ist auch noch mit der Bildnachbearbeitung eine letzte Korrekturmöglichkeit gegeben. Man klickt dazu mit der Weißabgleichspipette einen Punkt an, der exakt weiß sein sollte, und die Software führt dann die notwendige Korrektur durch. Manchmal sind Farbverfälschungen aber nicht im gesamten Helligkeitsspektrum gleich. Deshalb bieten viele Bildbearbeitungsprogramme die Möglichkeit, den Weißabgleich für Lichter, Mitteltöne und Schatten getrennt durchzuführen. Dazu wird je ein Punkt in Weiß, mittlerem Grau und Schwarz ausgewählt. Aber: Die beste Korrektur ist die, die nicht erforderlich ist. Die zweitbeste ist die, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgt. Ein geringfügig höherer Aufwand beim Fotografieren erspart uns Qualitätsverlust und hohen Bearbeitungsaufwand in der Bildnachbearbeitung.
Testchart
Ein Testchart kann bei vielen Einstellungen behilflich sein. Es besteht in der Regel aus mehreren verschiedenen Bereichen.
• Eine 18 % Graufläche zur Ermittlung der korrekten Belichtung und für den manuellen Farbabgleich.
• Einen oder mehrere Graukeile und Graustufenkeile zur Beurteilung der korrekten Belichtung und Tonwertverteilung.
• Ein Portrait zur Beurteilung der korrekten Darstellung von Hauttönen.
• Verschiedene Farbflächen in den RGB- (Rot, Grün und Blau) und CMY- (Cyan, Magenta und Gelb) Grundfarben sowie Schwarz und Weiß für die Überprüfung der Farbdarstellung und des Weißabgleichs.
© Titelfoto: Johnny Krüger
© Text und übrige Fotos: Friedrich Walz
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